- Geschäftsleitung: Franz Höller, Hubert Stucki - 2019 Firmensitzverlagerung von Näfels nach Luchsingen GL
Näfels im Kanton Glarus
Die Mathis Orgelbau AG ist ein Familienunternehmen, das 1960 von Manfred Mathis gegründet wurde und heute zu den führenden Werkstätten des europäischen Orgelbaus zählt.
Manfred Mathis Erstes Werkstattgebäude im Näfelser Letzhof Bescheiden ausgestattet mit seinem persönlichen Orgelbauwerkzeug, einer Hobelbank, einigen Möbeln, einer Schreibmaschine und einem Occasionsauto hatte Manfred Mathis das Glück, nur kurze Zeit nach Firmengründung Arbeit zu erhalten und mit seinem Schaffen Vertrauen und damit weitere Aufträge zu gewinnen: Am 30. Mai 1960 konnte mit der Benediktinerabtei in Disentis der Vertrag für den Einbau eines neuen Werkes mit 8 Registern in das von Silvester Walpen (1802) stammende Rückpositivgehäuse (als zusätzliches Werk zur grossen Orgel) abgeschlossen werden. Kurz darauf folgte der Auftrag für das erste vollständige Instrument, eine zweimanualige Orgel in der Kapelle des Diakonissen-Mutterhauses in Riehen. Disentis (CH), Klosterkirche Riehen (CH) Mathis' strenger kunsthandwerklicher Grundsatz, unter Rückbesinnung auf die Werte der barocken Orgelbaukunst ausschliesslich beste Qualitätsarbeit zu leisten, zeitigte Erfolg: „Ende der fünfziger Jahre kam die ‚kernstichlose Intonation' in Mode, eine Intoniertechnik, die ich mir bereits angeeignet hatte. In der Schweiz wurde diese Novität noch selten praktiziert. Die intensive Auseinandersetzung mit dieser Stilwende, verbunden mit der damit zusammenhängenden Besinnung auf die instrumentenbaulichen Gesetzmässigkeiten der Orgel bis in die letzte Konsequenz (wie Gehäuse, Trakturen, Werkgestaltung, Windanlage usw.) erkannte ich als vorrangige Aufgabe. In dieser Situation besass mein junger Kleinbetrieb eine optimale Wendigkeit und Anpassungsfähigkeit. Diese Konstellation brachte viele Interessenten und Kunden ins Haus.“ Orgelneubauten wie beispielsweise in Altendorf, Pfarrkirche St. Michael (1961, II-P/24) sowie der ersten dreimanualigen Mathis-Orgel in Goldach, Pfarrkirche St. Mauritius (1962, III-P/44) folgte bereits 1963 der erste Auslandsauftrag: Manfred Mathis' junge Firma wurde mit dem Bau einer dreimanualigen Orgel für die barocke Schutzengelkirche in Eichstätt betraut. Nach Jahren des kunsthandwerklichen Niedergangs im Orgelbau (Freipfeifenprospekte, verstreute Werkaufstellungen, rein elektrische Traktursysteme, etc.) sollte dieses Instrument erstmals in Süddeutschland wieder eine rein mechanische Traktur mit geschlossenen Gehäusen, logischen Werkverteilungen und niedrigen, abgestuften Winddruckbemessungen erhalten. Das 1966 vollendete Werk war klanglich wie auch technisch richtungsweisend und brachte dem nun bereits 12 Mitarbeiter umfassenden Näfelser Betrieb ein auf Jahre gefülltes Auftragsbuch ein.
Eichstätt (DE), Schutzengelkirche Da sich die Räumlichkeiten im Näfelser Letzhof bald als zu klein erwiesen, hatte Manfred Mathis noch 1963 an der Näfelser Hauptstrasse ein landwirtschaftliches Gebäude erworben und in eine Zinnpfeifenwerkstatt mit angrenzendem Intonierraum umgebaut. Das Platzproblem war jedoch damit nicht dauerhaft gelöst und so kaufte Mathis 1965 am Näfelser Kleinlinthli ca. 6000 m2 Industrieland, um hier in mehreren Etappen eine neue Produktionsstätte aufzubauen. 1966 fand der erste Spatenstich für ein Werkstattgebäude mit Montagehalle und Maschinenraum statt. 1969/70 - dem Betrieb gehörten nun bereits über 20 Mitarbeiter an - folgte der zweite Bauabschnitt: Das Festhalten an der traditionellen Massivholzbauweise erforderte eine grosse Lagermenge erstklassigen, naturtrockenen Schnittholzes und so wurde nun in Kombination mit einer Zinnpfeifenwerkstatt, zwei Intonierräumen, einer Schlosserei und einem Magazin eine grosse halboffene Holzlagerhalle errichtet.
Holzlager Ende der siebziger Jahre standen mehrere grössere Instrumente auf dem Arbeitsprogramm, u.a. für Näfels, Pfarrkirche St. Hilarius (III-P/39), Bern, Dreifaltigkeitsbasilika (III-P/41), Zürich-Altstetten, Heilig Kreuz Kirche (III-P/34), Wil, Stadtkirche St. Nikolaus (III-P/45) in der , Schaan, Pfarrkirche St. Laurentius (III-P/36) in Liechtenstein, Ingolstadt, Franziskanerkirche (III-P/35), Neumarkt i.d. Oberpfalz, Stadtkirche St. Johannes (III-P/43) in Deutschland, Ried im Innkreis, Stadtpfarrkirche St. Peter und Paul (III-P/35) in Österreich sowie Brunico, Chiesa parrocchiale Sta. Maria Assunta (III-P/38) in Italien. Da diese Orgeln teilweise bis zu dreizehn Meter Höhe aufweisen sollten, bedingte dies 1979 die Errichtung eines entsprechend hohen und grossen Montagesaales mit modernsten Hebeeinrichtungen. Als letzter Bauteil wurde schliesslich 1995 ein eigener Bürotrakt hinzugefügt.
Näfels, Am Linthli 10 Die Leitung des Betriebes ist 1992 an die zweiten Generation von Hermann Mathis gegangen, der im Frühjahr 1971 als Lehrling in die Firma eintrat und hier zum Orgelbauer, Klanggestalter und Intonateur ausgebildet wurde. Manfred Mathis konnte anlässlich des 25jährigen Firmenjubiläums stolz feststellen: „Das weltweit anerkannte Renommee unseres Hauses verdanken wir zum grössten Teil unserem Personal, welches selbst während der ‚wilden' Hochkonjunkturjahre zur Firma hielt, nämlich jenen Leuten, die täglich gewissenhaft ihre Pflicht erfüllen und sich auszeichnen durch ihr Können und ihr hohes Berufsethos“.
Aus dem Facharbeiterstamm der Firma erging 2016 eine neue Geschäftsleitung hervor. Am 1. April 2016 erwarben Hubert Stucki und Franz Xaver Höller käuflich die Firma und seitdem steht die Mathis Orgelbau AG unter dessen Leitung.
Die Beschäftigung hoch qualifizierter Facharbeiter ist auch heute noch wesentlicher Bestandteil der Firmenphilosophie. Sie garantiert, dass mit Ausnahme der elektronischen Komponenten alle Einzelteile einer Orgel wie auch Gehäuse und das gesamte Pfeifenwerk im eigenen Hause hergestellt werden können. Mathis Orgelbau ist somit ein Kunsthandwerkbetrieb, in dem stets nur an einem Werk gearbeitet wird. Der gesamte Entstehungsprozess eines neuen Instruments bleibt überschaubar und jede Orgel wird als Unikat gefertigt.
Olten (CH), St. Martin Mariazell (AT), Hauptorgel
Einsiedeln (CH), Klosterkirche: Marienorgel
Da technisch getrocknetes Holz im qualitativ hochstehenden Instrumentenbau immer Risiken in sich birgt, werden die Massivhölzer im Holzlager von Mathis Orgelbau nach wie vor in traditioneller Art während vier bis zwölf Jahren gelagert und damit naturgetrocknet. Diese optimal vorbereiteten Hölzer werden dann zu den verschiedensten Holzbestandteilen einer Orgel wie Gehäuse, Windladen, Rasterbretter, Pfeifen oder Abstrakten verarbeitet.
Die überaus komplexe Konstruktion einer Pfeifenorgel muss bis in das kleinste Detail auf die speziellen Gegebenheiten des jeweiligen Bestimmungsortes abgestimmt sein. Von einem guten Orgelbauer werden deshalb sowohl handwerkliche Fähigkeiten wie auch ein grosses stilistisches Einfühlungsvermögen verlangt. Neben der Qualität der Materialien und der handwerklichen Ausführung legt Mathis Orgelbau deshalb auch auf das äussere Erscheinungsbild der neuen Instrumente grossen Wert. Eine Orgel soll sich stets harmonisch in die Architektur ihres Bestimmungsraumes einfügen und ihn ergänzen, jedoch nicht beherrschen. Die Gestaltung der Orgelprospekte und -gehäuse ist ein lang währender Prozess, bis nach zahlreichen Entwürfen und Diskussionen mit Bauherrschaften, Organisten, Architekten sowie kirchlichen und staatlichen Behörden die optimale architektonische Gestaltung eines neuen Instruments gefunden ist.
Vatikan, Sixtinische Kapelle Von wesentlicher Bedeutung sind auch die akustischen Eigenheiten eines Raumes und die musikalischen Bedürfnisse eines Auftraggebers, da diese Parameter für die Grösse einer neuen Orgel und ihr Klangbild prägend sind. So kommen wir in der Beschreibung der Firmenphilosophie von Mathis Orgelbau zum Klang der Instrumente, deren Mensurplanung auf der Grundlage sorgfältiger akustischer Analysen der jeweiligen Bestimmungsräume vorgenommen wird. Nach den Mensurplänen werden dann die Metall- und Holzpfeifen hergestellt, vorintoniert und schliesslich am Aufstellungsort zur klanglichen Vollkommenheit gebracht. Die Intonateure des Hauses Mathis sind im Nebenamt selbst als Organisten tätig und somit sehr gut mit den Erfordernissen der kirchenmusikalischen Praxis sowie des konzertanten Repertoires vertraut. Sie streben nach einem obertonreichen und singenden Klangbild ohne Härte und Schärfe, das nicht nur ausgewogen kraftvolle Plena, sondern auch elegante, farblich und dynamisch vielfältig abgestufte Registrierungen erlaubt.
Görlitz (DE), Sonnenorgel In den vergangenen fünfzig Jahren durfte Mathis Orgelbau in vielen Ländern der Erde über 400 neue Instrumente erbauen und historisch wertvolle Orgeln aus verschiedenen Epochen restaurieren. Die Mitarbeiter sind dankbar und freuen sich, mit ihrem Schaffen an vielen Orten der Welt Sonntag für Sonntag zur Verherrlichung Gottes beizutragen und Menschen in Konzerten sowie mit Rundfunk-, Fernseh-, DVD- und CD-Aufnahmen bedeutender Interpreten Freude bereiten zu dürfen.
Basel (CH), Münster
Fotos: Mathis-Orgelbau, Günter Lade, Rainer Kitte, Kloster Disentis